People Pleasing & FOPO – warum dich die Angst vor den Meinungen anderer erschöpft
- Leonie Voglmaier
- vor 2 Tagen
- 4 Min. Lesezeit
Vielleicht kennst du das:Du sitzt im Meeting, bist eigentlich völlig voll mit Terminen, erschöpft, müde – und trotzdem hörst du dich sagen:
„Ja klar, ich mach das.“
Oder du tippst eine Nachricht, liest sie drei Mal durch, änderst Wörter, löscht, schreibst neu.Und danach gehst du im Kopf immer wieder durch:
„War das zu viel? Zu direkt? Kommt das komisch rüber? Habe ich jemanden verärgert?“
Nicht, weil du „einfach nur nett“ bist.Sondern, weil du sicher sein willst.Weil dich – oft unbewusst – etwas antreibt, das einen Namen hat:
People Pleasing und FOPO – Fear of Other People’s Opinions.
People Pleasing ist nicht „nett“ – es ist Strategie
Viele denken:
„Ich bin halt jemand, der es allen recht machen will. Ich bin einfach harmoniebedürftig.“
Doch People Pleasing hat nichts mit „lieb sein“ im klassischen Sinne zu tun.
Es ist eine strategische Überlebensstrategie.
Du sagst „ja“, obwohl dein Körper „nein“ schreit. Du übernimmst Aufgaben, obwohl du kaum noch kannst.Du passt dich an, glättest, hältst zurück – auch dann, wenn du innerlich etwas ganz anderes fühlst.
Nicht, weil du „falsch“ bist. Sondern weil dein System gelernt hat:
„Ich bin sicher, wenn alle zufrieden mit mir sind.“
Bis der Punkt kommt, an dem diese Strategie nicht mehr schützt – sondern dich ausbrennt.
FOPO – Fear of Other People’s Opinions
FOPO bedeutet wörtlich: Die Angst vor den Meinungen anderer.
Sie zeigt sich zum Beispiel so:
Du analysierst jedes Wort nach einem Gespräch.
Du gehst Situationen im Nachhinein immer wieder durch.
Du fragst dich permanent: „War das okay? Mag man mich noch?“
Du vermeidest, deine echte Meinung zu sagen, um niemanden zu enttäuschen.
Das fühlt sich oft an wie „Ich bin halt unsicher“. Doch dahinter steckt etwas viel Tieferes – und sehr Menschliches.
Warum dein Gehirn Ablehnung wie eine Gefahr behandelt
Wenn wir über FOPO sprechen, reden wir nicht nur über Psychologie – sondern über Biologie.
Ganz früher – wirklich früher, als wir im Stamm gelebt haben – war Zugehörigkeit überlebenswichtig.Wenn der Stamm dich nicht wollte, weil du „anders“ warst, hattest du allein kaum eine Chance.
Dein Nervensystem hat also gelernt:
Dazugehören = Sicherheit
Ablehnung = Gefahr
Dieses Programm läuft bis heute in dir:Kein Tiger steht mehr vor deiner Höhle – aber dein Körper reagiert bei Ablehnung oder Kritik, als wäre es eine reale Bedrohung.
Darum:
tut ein Blick, ein Kommentar oder eine ausbleibende Nachricht oft so weh
klingt die eine kritische Bemerkung lauter als zehn Komplimente
wirkt Schweigen von jemand anderem wie ein innerer Alarm
Dein Körper spielt dir nichts vor. Er schützt dich – auf Basis von alten Mustern.
People Pleasing als erlerntes Muster
Diese Muster kommen selten „einfach so“.Oft steckt eine Geschichte dahinter, zum Beispiel:
Du hast Anerkennung über Leistung bekommen.
Du hast gelernt: „Wenn ich brav, ruhig, angepasst bin, gibt es Harmonie.“
Konflikte wurden vielleicht vermieden statt besprochen.
Du wolltest niemanden enttäuschen und bist früh in die Rolle der „Vermittlerin“ oder „Verantwortlichen“ gerutscht.
Unbewusst entsteht dann eine innere Logik wie:
„Ich darf nicht zu laut sein.“
„Ich darf nicht zu viel sein.“
„Ich bin sicher, wenn ich es richtig mache.“
Das war einmal ein Schutz.Heute wird es schnell zu einem Käfig:
Du orientierst dich immer mehr am Außen –und verlierst den Kontakt zu deinem Inneren.
FOPO verschwindet nicht durch „Mutiger sein“ – sondern durch Verbindung
Viele glauben:
„Ich muss einfach mutiger sein. Mich mehr trauen. Härter werden.“
Doch FOPO verschwindet nicht, weil du lauter wirst. Es verändert sich, wenn du verbundener mit dir selbst wirst.
Es geht nicht darum, niemandem mehr gefallen zu wollen.Nicht darum, alles egal zu finden.
Es geht darum, dass du dir selbst nicht mehr weh tust, nur um dazuzugehören.
Nicht mehr ständig über deine Grenzen gehst.
Nicht mehr gegen deinen Körper handelst.
Nicht mehr jedes Mal „ja“ sagst, wenn innen alles „nein“ ruft.
Je verbundener du mit dir bist, desto weniger manipulierbar wirst du durch die Meinung anderer.Und genau dort beginnt Freiheit.
Eine kleine Gegenfrage, die alles verändert
Beim nächsten Mal, wenn du merkst:
du willst es allen recht machen
du drehst dich im Kreis, was „die anderen“ denken könnten
du willst dich verstellen, um niemanden zu irritieren
probier dieses Mini-Experiment:
Statt nur zu fragen:
„Was denken die anderen, wenn ich das jetzt tue oder sage?“
frag zusätzlich:
„Was denke ich über mich, wenn ich das tue oder lasse?“
Plötzlich geht es nicht mehr um die unzähligen imaginären Meinungen da draußen. Sondern um dich.
Um die Frau, die da sitzt, vielleicht mit einem Kaffee in der Hand,die eigentlich ganz genau spürt, was sich gerade stimmig anfühlt –wenn sie sich trauen würde, auf sich zu hören.
Du musst nicht allen gefallen, um sicher zu sein
FOPO wird wahrscheinlich nie zu 100 % verschwinden. Wir sind soziale Wesen – es ist normal, gesehen und gemocht werden zu wollen.
Es geht nicht darum, kalt oder unberührbar zu werden.Sondern darum, dir selbst treu zu bleiben –auch dann, wenn jemand anderes dich nicht versteht oder nicht feiert.
Du darfst Grenzen setzen, auch wenn jemand enttäuscht ist.
Du darfst ehrlich sein, auch wenn nicht alle klatschen.
Du darfst du sein – laut oder leise, klar oder zart – ohne Strategie.
Je mehr du dich mit dir verbindest,

desto weniger definierst du dich über die Meinung anderer.
Und genau da beginnt echter Selbstwert:Wenn du nicht mehr ständig fragst, „Bin ich für euch richtig?“,sondern spürst:
„Ich bin für mich stimmig – und das ist die Basis.“




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